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Nachhaltige Baustellen, wie kann das gehen?

Nachhaltigkeit begegnet uns gefühlt täglich an vielen unterschiedlichen Orten. Ob beim Einkauf im Supermarkt oder beim Abschluss von Versicherungen, mittlerweile scheint der Begriff „Nachhaltigkeit“ vor allem ein marketingwirksames Instrument zu sein. Dabei steht „nachhaltig sein“ für sehr viel mehr.

Der Begriff Nachhaltigkeit hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft. Der Freiberger Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714) hat ihn vor mehr als 300 Jahren geprägt.

Als Begründer des Prinzips der Nachhaltigkeit formulierte Carlowitz erstmals seine Idee einer generationsübergreifenden Forstwirtschaft: „Dem Wald darf nur so viel Holz entnommen werden, wie durch Aufforstung nachwachsen kann.“ Die Nachhaltigkeit als ethische Verantwortung steht für das ausgewogene Verhältnis zwischen Umwelt- und Ressourcenverbrauch und dem industriellen Wachstum. Doch dieser Grundsatz geriet seit der industriellen Revolution immer mehr in den Hintergrund.

Wissenschaftler belegten bei der UNO-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 die weltweite Umweltveränderung, ausgelöst durch den Raubbau an den natürlichen und lebenswichtigen Ressourcen unserer Erde. Als Ausweg aus dieser Entwicklung gaben sie den damals teilnehmenden Nationen erste Konzepte für den sofortigen und nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt und den weltweiten Ressourcen an die Hand. Das Konzept der UNO basiert auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit von Hans Carl Carlowitz und steht bis heute für unsere generationenübergreifende Verantwortung gegenüber unserer Umwelt.

Dieser Verantwortung muss sich auch die Bauwirtschaft stellen. Weltweit verbraucht sie für die Erstellung von Bauwerken wertvolle Ressourcen und Rohstoffe. Zudem kommt es vor, dass Menschen bei der Erstellung eines Bauwerks massiv in die Natur eingreifen müssen. Dadurch verändern sie die Umwelt, die im schlimmsten Fall unwiederbringlich verloren geht.

Bereits heute können wir verbrauchte Ressourcen teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen oder aus dem Recyclingkreislauf entnehmen und somit nachhaltig ersetzen. Beim Verbrauch von natürlichen Flächen sorgen nachhaltige Konzeptlösungen, Verordnungen und Gesetze (stellvertretend genannt: „Ausgleichsverpflichtungen nach dem Baugesetzbuch und dem Bundesnaturschutzgesetz, Raumordnungsgesetz“) für eine generationsübergreifende Regulierung.

Es geht also längst nicht mehr darum „ob“, sondern „wie“ wir unsere Bauprojekte nachhaltig ausrüsten werden, um unsere Bauvorhaben nachweislich nachhaltig bauen zu können.

Bauvorhaben erstellen wir in der Regel in Bauphasen und mit Hilfe verschiedener Gewerke. Jede Bauphase und jedes Gewerk bietet die Möglichkeit, aber auch das Risiko, eines hohen oder niedrigen Wirkungsgrades für eine nachhaltige Bauausführung. Es lohnt sich, die verwendete Technik, das Bauverfahren, das Baumaterial, die Lieferanten und Hersteller sowie den eingesetzten Fuhrpark auf Nachhaltigkeit zu prüfen. Dadurch können wir eine gute und nachhaltige ökologische Bilanz für ein gesamtes Bauprojekt erreichen. Sicherlich ein Berg Arbeit, der sich zukünftig jedoch garantiert lohnen wird. Viele fortschrittliche Unternehmen handeln bereits so und werben mit Zertifikaten und einer nachweislich besonders guten Nachhaltigkeit. In diesem Bereich steckt weiter großes Potenzial.

Eine vom Institut für Verbausysteme im Tief-, Spezial- und Infrastrukturbau durchgeführte Analyse über die Nachhaltigkeit von auf Tiefbaustellen eingesetzten Verbauverfahren und Verbautechnik zeigt: Es wurden bislang bei nur wenigen Baustellen alle zur Verfügung stehenden Mittel für ein ressourcen-, umwelt- und emissionsschonendes Verbauverfahren und Verbautechnik eingesetzt. So wurde die Möglichkeit für einen besseren wirtschaftlichen Nachhaltigkeitswert bei diesem Gewerk Verbau nicht genutzt. Für unsere Umwelt ist dies bedenklich. Auch aus Unternehmersicht ein Faktor: Denn dies könnte künftig Auswirkungen auf die Nachhaltigkeits- und Klimabilanz einzelner Unternehmen haben.

Wie kann Nachhaltigkeit in der Praxis konkret aussehen? Es kann sich lohnen, den Händler, den Lieferanten und den Hersteller zu fragen, was er in seinem Betrieb für einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und für den Klimaschutz nachweislich tut. Betreibt er ein Ressourcen- und Klimamanagement, bestenfalls eines, das zu meinem Unternehmen und zu meinen Bauvorhaben passt? Daraus lassen sich vielleicht Synergien erzeugen, die dann für eine gemeinsame Verbesserung der Nachhaltigkeit in Ihren Unternehmen sorgen wird.
Ich bin überzeugt, dass wir durch eine vorausschauende und mit Lieferanten abgestimmte Herangehensweise bei der Ausführung von Bauprojekten eine spürbare Verbesserung in der Klima- und Nachhaltigkeitsbilanz erreichen können.

Auch aus einem anderen Grund sollten Unternehmer ein nachhaltiges Klimamanagement für ihre Firmen betreiben. Der internationale Finanzmarkt und die Versicherungswirtschaft bewerten bereits jetzt Unternehmen – auch in der Bauwirtschaft – nach den Kriterien des erbrachten Klimaschutzes und ihrer Nachhaltigkeit. Diese Bewertungen fließen in das Rating eines Unternehmens ein und sollen Anlegern einen Anhaltspunkt für eine gute Zukunftssicherheit geben.

In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl von Vorschriften, Gesetze und Verordnungen erlassen worden. Viele zum Zwecke einer nachhaltigen Bauwirtschaft. Die klimaneutrale und nachhaltige Baustelle wird eines der zentralen Themen für die Zukunft unserer Tiefbaubranche sein.

Das neu gegründete IfV-Institut für Verbausysteme im Tief-, Spezial- und Infrastrukturbau wird die weitere Entwicklung von klimaneutralen und nachhaltigen Verbausystemen, Verbautechnik und Verbauverfahren engagiert vorantreiben. Unter anderem schreiben wir ein erstes Forschungsprojekt aus. Darin bewerten wir das verwendete Verbauverfahren und die Verbautechnik nach ihrer aktuellen Klimabilanz und Nachhaltigkeit. Von dieser Studie erwarten wir wertvolle Erkenntnisse, die eine ökologisch fundierte Nachhaltigkeitsberatung für künftige Bauvorhaben und für Projektausschreibungen ermöglichen.

Über die gewonnen technischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse werden wir regelmäßig in unseren Beiträgen praxisnah berichten.

Es bleibt spannend!

Ihr IfV-institut für Verbausysteme im Tief-, Spezial- und Infrastrukturbau GmbH

IfV - Institut für Verbausysteme im Tief-, Spezial- und Infrastrukturbau GmbH